Um zu gewinnen …

… MÜSSEN WIR VERGEBEN

Als ich diesen Satz vor ein paar Tagen in einem Film gehört habe, war ich kurz davor ein paar Tränen zu vergießen. Dieser Satz berührte mich und löste u.a. Nachdenklichkeit, aber auch ein zustimmendes Nicken aus. Vergebung scheint manchmal etwas (zu) Großes zu sein, etwas, das zu weit weg ist, vielleicht sogar unmöglich?

 Das Wort „gewinnen“ hat möglicherweise für manche einen sportlichen Touch, man kann es auch so ausdrücken: Um das Gefühl der Freiheit (frei zu sein von all unseren „alten (unaufgearbeiteten) Geschichten“, dazu zählt auch unsere Familiengeschichte – wer schleppt da nicht das eine oder andere „alte Gepäck“ mit sich herum) zu erlangen – so schwer unsere Verletzungen auch sein mögen – wir müssen lernen zu vergeben. Nur so können wir „altes Gepäck“, dass wie Flusen an uns haftet, loswerden.

„Vergeben ist eine der schwierigsten Übungen für das Ego. Es bedeutet Groll loszulassen und uns damit vom Schmerz zu befreien. Darin liegt die Gnade der Vergebung. Sie heilt.“ (Die Bhagavad Gita: Das Weisheitsbuch fürs 21. Jahrhundert. Übertragen und kommentiert von Ralph Skuban, S. 144)

Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken sagte Mahatma Gandhi. Wie gelangen wir zu dieser Größe, wenn uns mal wieder einer „ans Bein pinkelt“, uns das Schicksal auserkoren hat, mit einem Tyrannen als Chef klarzukommen, oder wir ungerecht behandelt werden, und uns nicht wehren können? Ist es hilfreich, langsam bis zehn zu zählen?

Wenn du in Momenten der Rage in der Lage bist, kurz die Augen zu schließen, zu zählen beginnst oder kurz innehältst, vielleicht den Raum verlässt um kurz frische Luft zu schnappen – und erst danach besonnen reagierst – Gratuliere! Du bist mit deiner Achtsamkeit bereits auf einen guten Weg.

Auch wenn wir wissen, dass es uns absolut nichts bringt nachtragend zu sein, sind manche Verletzungen so tief, dass wir – vorerst – keinen anderen Weg sehen. Kein Licht im Dunkeln. Zur Verletzung gesellt sich unser „vertrauter Freund“ das Ego, das um nichts auf der Welt verlieren möchte. „Ich bin im recht, der andere liegt falsch …“ Doch geht es wirklich ums recht haben?

Lass folgende Fragen auf dich einwirken, nimm dir bewusst Zeit dazu. Welche Antworten kommen hoch?

  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen die Kunst der Vergebung kultiviert, könnte wirklich tief von Herzen allen vergeben, was hätte sich geändert?
  • Wie würde ich fühlen?
  • Wie würde ich denken?
  • Wie würde ich handeln?
  • Als Mensch, der schnell vergeben kann, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

(http://wiki.yoga-vidya.de/Vergebung)

Ein guter Freund sagte mir vor vielen Jahren: Liebe ist immer die Antwort. Damals dachte ich mir: „Der spinnt!“; heute stelle ich die Frage: „Was ist die Alternative, wenn nicht Liebe?“ Denken wir, mit Rache etwas verändern zu können? Nach dem Motto: Wie du mir, so ich dir? Auch wenn ich das Handy nach einem Streit ins Eck schmeiße, mich über Wochen zurückziehe, den anderen mit Unerreichbarkeit, mit Schweigen „bestrafe“, was soll sich dadurch ändern? Und ich weiß wovon ich spreche. Wie oft war ich in partnerschaftliche, familiäre Zwistigkeiten verstrickt, habe mich beleidigt zurückgezogen, geschworen, nie wieder Kontakt zu dieser oder jener Person zu haben! ABER, WAS HAT ES MIR GEBRACHT? NICHTS. Es hat Leid und Schmerz mit sich gebracht, ich war unglücklich und das Schlimmste – ich war ALLEIN.

Paramahansa Yogananda) sagte zum Thema Vergebung:
Wenn ein Mensch einen Fehler begeht, verzeiht er sich sehr schnell; doch wenn ein anderer einen Fehler macht, verurteilt er den Betreffenden sofort. Stattdessen solltet ihr aufrichtig mit euch sein: Versetzt euch in die Lage des anderen, um zu erkennen, wie schnell ihr bereit seid, euch zu verzeihen. Warum könnt ihr nicht ebenso schnell anderen verzeihen? Die Menschen machen Fehler nicht deshalb, weil sie von Natur aus böse sind, sondern weil es ihnen an Unterscheidungskraft fehlt. Sie lassen sich eher von den Impulsen ihrer Unwissenheit leiten. … Denkt immer daran: Liebe verändert die Menschen.
(Indischer Yoga-Meister, Philosoph und Schriftsteller, 1893-1952 / Auszug aus den Schriften Paramahansa Yoganandas / http://www.yogananda-srf.org/HowtoLive/Vergebung.aspx#.WJnDiH8uGUk)

Ist es nicht so? Uns verzeihen wir relativ schnell, aber unseren Mitmenschen? Da würde oft nicht mal deren Selbstgeißelung dazu beitragen, damit wir verzeihen. 

Welche Tools können uns noch in unserer Vergebungs-Praxis unterstützen? Ich finde z.B. Affirmationen sehr hilfreich, vielleicht spricht dich folgende an (es gibt unzählige viele mehr): Heute will ich allen vergeben, die mich je gekränkt haben. Ich will allen dürstenden Herzen meine Liebe schenken – solchen, die mich lieben, und solchen, die mich nicht lieben.
(Eine Affirmation ist ein selbstbejahender Satz, den wir uns selbst wieder und wieder sagen, um unsere Gedanken umzuprogrammieren).

Auch eine regelmäßige Yoga-Praxis, kann dich in deinem Prozess der Vergebung unterstützen. Ich sage bewusst unterstützen, Yoga ist keine Medizin, die wir einnehmen und: Juche, alles ist wieder gut! Wenn du erwartest, von heute auf morgen bist du „wieder gesund“, bereit der ganzen Menschheit zu vergeben, wirst du enttäuscht werden. Es ist ein weiteres Tool, das dir zur Verfügung steht. Wie so oft, geht`s wieder mal um`s „dranbleiben“, um ein diszipliniertes Üben – und das bedeutet nicht, dass du dich auf den Kopf stellen musst. Eine sanfte, regelmäßige Praxis, auch wenn das täglich „nur“ etwa 10 Minuten bedeutet. Folgende Asanas sind u.a. empfehlenswert:

Tadasana (Der Berg)
Paschimottanasana (sitzende Vorwärtsbeuge)
Utthita Trikonasana – Dreieck

Um zu gewinnen, um all unseren Schmerz wie alten Ballast „abzuwerfen“, müssen wir vergeben. Daran führt – meines Erachtens nach – kein Weg vorbei. Ist es einfach? Es kann einfach sein.

Wenn wir aus der Tiefe unseres Herzens, aus Mitgefühl und Liebe heraus vergeben – weil wir wissen, letztendlich sind wir alle Eins; wir sind nicht besser als „unsere Feinde“, auch wir haben Fehler gemacht und werden zukünftig Fehler machen – und genau dann werden wir dankbar sein, wenn unser Gegenüber uns vergibt.

Und wenn du den Nektar der Vergebung einmal gekostet hast, dieses unglaubliche Gefühl der Befreiung erlebt hast, kannst du sicher nachvollziehen, von welch unglaublichem Gefühl ich spreche …

Du brauchst Unterstützung um empfohlene Positionen einzunehmen?

Bitte kontaktiere mich, ich freue mich auf eine gemeinsame Yoga-(Vergebungs)-Praxis 🙂

Alles Liebe & Namaste!
Astrid